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Kemnitz

Beate Vogel
Steckbrief

 

Einwohner
260 (Stand 31. Dezember 2023, Haupt- und Nebenwohnsitz)

Ortsvorsteher
Martin Huber

Fläche
11,34 Quadratkilometer

Gemeindeteile
Bölzke und Neu Kemnitz

Das Straßendorf Kemnitz liegt an einer Hauptverkehrsader: Die Bundesstraße 189 verbindet über Pritzwalk führend die Westprignitz mit der Autobahn 24. Das Dorfleben bestimmen unter anderem die Freiwillige Feuerwehr und die Kindertagesstätte „Rappelkiste“. Kemnitz wurde 2020 700 Jahre alt.

Historisches

Funde aus der Steinzeit belegen eine Besiedelung des Gebietes schon vor 9000 Jahren. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden bronzezeitliche Funde gemacht: So entdeckte man 1853 in einem Hügelgrab verschiedene Grabartefakte. Ein besonderer Fund war ein bronzener Radfelgenbeschlag, über dessen Bedeutung bis heute gerätselt wird.

 

Erstmals beurkundet wurde das Dorf am 17. Februar 1320, als die Herren von Plaue und andere ihre Güter im Ort „Kemeniz“ und ihre Einnahmen daraus dem Kloster „Theghow“ (Heiligengrabe) überließen. Der Name ist von der slawischen Bezeichnung für Stein – Kamin – abgeleitet. Gegründet wurde das Dorf als Rundling mit einem freien Platz in der Mitte. Ab 1567 gab es eine Mühle im Dorf.

 

 

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1819 vernichtete ein Brand fünf Wohnhäuser, neun Familien wurden obdachlos. 1824 wurde das Schulhaus eingeweiht. Seit 1864 war die Telegrafenlinie Pritzwalk-Wittstock in Betrieb, die über Kemnitz führt. Die Chaussee Pritzwalk-Wittstock wurde im Oktober 1867 eröffnet. Im April 1870 brannte die Mühle ab, wenig später auch das Wohnhaus des Müllers. Die Mühle wurde später wieder aufgebaut und war bis 1969 in Betrieb. Ungeheure Überschwemmungen gab es im Winter 1875/76 nach plötzlichem Tauwetter im März. 1920 erhielt der Ort Elektrizität. 1969 wurde die Schule geschlossen und nach dem Umbau im Gebäude ein Konsum eröffnet. 

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Kirche

Die Kemnitzer Kirche ist ein Feldsteinbau aus dem beginnenden 14. Jahrhundert. Das Schiff war ursprünglich holztonnengewölbt, später flachgedeckt. Über dem Westgiebel thront ein hölzerner Rechteckturm mit verschiefertem Aufsatz und barocker Schweifhaube. Erst 1824 wurde die Treppe zum Turm nach innen verlegt.

 

Der Altar stammt aus der Spätrenaissance, um 1700 erhielt er einen barocken Altaraufsatz. 1907 hatte der Turm noch drei Glocken, eine große von 1726 und zwei kleinere. Die mittlere Glocke wurde 1917 zu Kriegszwecken eingeschmolzen. 1944 wurden auch die große Glocke und die Zinn-Orgelpfeifen für Kriegsmaterial ausgebaut. Den Turm deckten die Kemnitzer in Eigenarbeit 1976 neu. Das Dach des Kirchenschiffes wurde 1987 saniert. Der Innenraum erhielt 1990 eine Erneuerung. Die Orgel von Friedrich Hermann Lütkemüller aus Wittstock ist von 1892 und wurde 2010 restauriert.

Wirtschaft

Ende des 17. Jahrhunderts bestimmte die Landwirtschaft das Dorfleben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es zwei Landwirte, zwei Gastwirte, einen Müller, einen Schmiedemeister, einen Stellmacher, einen Zieglermeister, eine Zementfabrikantin, einen Maurer und weitere Handwerker im Ort. 30 Jahre später waren 27 Kemnitzer in Industrie und Handwerk tätig.

 

1953 wurde die LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) Typ III „Freier Bauer“ mit 29 Mitgliedern und 165 Hektar Land gegründet. Im gleichen Jahr verließen die Besitzer von neun großen Höfen das Dorf. Ab 1960 gab es außerdem die LPG Typ I „8. März“, beide zusammen hatten  140 Mitglieder und bewirtschafteten 821 Hektar. Im selben Jahr erfolgte der Zusammenschluss mit der LPG Typ III aus Bölzke. 1975 wurde die LPG Typ III mit der LPG Tierproduktion in Pritzwalk vereint. Die beiden Gastwirtschaften schlossen noch zu DDR-Zeiten. 1992 eröffnete eine neue Gaststätte, die aber 2018 schloss.

 

1995 wirtschafteten der Unternehmensverbund PBK Hähnchenmast und PBK Marktfrucht und Milch in Kemnitz. Heute sind beim Handelsregister in Neuruppin die Holz- und Bautechnik Kemnitz GmbH und die PBK Marktfrucht und Milch GmbH registriert. Außerdem gibt es zwei Anbieter für Ferienwohnungen in Kemnitz.

 

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Kinder und Jugend

Die Kita „Rappelkiste“ am Kemnitzer Gemeindehaus sorgt für Trubel im Dorf. Der 1988 eröffnete Dorfkindergarten bietet 26 Plätze. Die Kita ist ausgelastet. Fünf Mitarbeiterinnen und eine Auszubildende betreuen die Kinder. Viele Projekte und Aktivitäten werden zusammen mit den Eltern und örtlichen Unternehmen veranstaltet. 2020 wurde die Einrichtung um zehn Plätze erweitert.

 

Kommunales

Bis 1816 gehörte der Ort zum Kreis Pritzwalk in der Provinz Prignitz. Danach wurde der Ort dem Kreis Ostprigniz mit der Kreisstadt Kyritz zugeordnet. Ab 1952 war Kemnitz Teil des Kreises Pritzwalk im Bezirk Potsdam. Seit 1993 gehört die damals eigenständige Gemeinde zum Landkreis Prignitz. Mit der Gemeindegebietsreform 2002 wurde Kemnitz ein Ortsteil der Stadt Pritzwalk.

 

Der kommunale Friedhof von Kemnitz befindet sich links am Ortsausgang in Richtung Heiligengrabe in der Straße Neu Kemnitz. Im Gemeindeteil Bölzke gibt es einen Friedhof am Boddiner Weg Bölzke.

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Feuerwehr

Die Ortsfeuerwehr von Kemnitz wurde 1933 gegründet, was in großen Buchstaben am kleinen Gerätehaus an der Dorfstraße zu lesen ist. Ortswehrführer Mario Bock kann auf eine Mannschaft mit 16 aktiven Wehrmitgliedern, davon fünf Frauen, zurückgreifen. Zwei Wehrmitglieder gehören zur Altersabteilung. Die Wehr erhielt im Juni 2020 ein neues Tragkraftspritzenfahrzeug (TSF) Wasser. Unter den Kameradinnen und Kameraden sind ein Gruppenführer und ein Verbandsführer sowie sechs  Atemschutzgeräteträger. Die großen Gründungstage wurden 2008 (75 Jahre) und 2018 (85 Jahre) jeweils mit mit einem großen Festumzug gefeiert.

Besonderes

Auf einem Feld wurde am 7. November 1726 der Küster Schulze von zwei Knechten erschlagen. Seitdem gibt es einen Küsterberg hinter Kemnitz.

 

Am 5. April 1899 wurde in Kemnitz ein Aufsehen erregender Fund gemacht. Beim Brunnenbau stieß man auf drei mit Geld gefüllte Töpfe. Die 140 deutschen, österreichischen, schwedischen und dänischen Münzen stammten mutmaßlich aus der Zeit des 30-jährigen Krieges und wurden vielleicht dort versteckt.

 

Quellen: Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil I, Prignitz, 1997; Pritzwalker Heimatblätter, Heft 18, „700 Jahre Kemnitz“ von Christine Harney; Wikipedia, Stadt Pritzwalk, Evangelischer Kirchenkreis Prignitz; private Schilderungen